Archiv
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Kritisches Denken. Interdisziplinäre und didaktische Erkundungen eines neuen Paradigmas
Bd. 32 Nr. 2 (2024)Angesichts der vielfältigen Herausforderungen der Gegenwart (Verschwörungserzählungen, Fake News, KI) gewinnt das Konzept des Kritischen Denkens zunehmend an Bedeutung für schulische und universitäre Bildung. Im Mittelpunkt steht dabei das Anliegen, Schüler*innen zu eigenständigem und kritischem Denken zu befähigen. Das in der Philosophie grundgelegte und in den Bildungswissenschaften weiterentwickelte Konzept des Kritisches Denkens geht dabei jedoch über das alltagstheoretische Verständnis „kritisch zu sein“ hinaus. Es zeichnet sich durch ein methodisches, nachvollziehbares, kommunizierbares und selbstreflexives Denken aus. Über die kognitiven Dimensionen (Wissen, Argumentations- und Urteilskompetenz) hinaus, kann Kritisches Denken als Habitus verstanden werden, der durch bestimmte Haltungen, Einstellungen und Dispositionen geprägt ist, wie Offenheit, Mut, Bescheidenheit, Selbstwirksamkeit, Kreativität, Ausdauer etc. (vgl. JAHN / CURSIO 2021).
Erste Modelle, wie Kritisches Denken für den Fachunterricht fachdidaktisch konzeptualisiert werden kann, finden sich derzeit vor allem im Kontext der Didaktik der Naturwissenschaften (RAFOLT / KAPELAI / KREMER 2019). Die Befähigung zum Kritischen Denken wie am Beispiel der religiösen Urteilskompetenz deutlich wird, ist aber ebenso ein zentrales Anliegen in der Religions- und Fachdidaktik. Die Herbstausgabe des ÖRF 2024 widmet sich der grundsätzlichen Frage, was dieses Paradigma für (religiöse) Bildung austrägt. -
Krieg.Frieden.Religion; Kontexte und Perspektiven
Bd. 32 Nr. 1 (2024)Der großflächige Angriff des russischen Militärs auf die Ukraine seit Februar 2022 hat die westeuropäischen Gesellschaften auf eine massive Art und Weise erschüttert und Frieden in seiner Fragilität deutlich werden lassen. Innerhalb der Europäischen Union entstehen neue Diskussionslinien entlang der jeweiligen Positionierungen zu den Kriegsparteien. Neue Herausforderungen und Diskursverschiebungen lassen sich auch in Kirchen und Theologien beobachten: Die Spannungen innerhalb der Orthodoxie, die spätestens mit der Anerkennung der Orthodoxen Kirche in der Ukraine durch den Patriarchen von Konstantinopel weltweit offensichtlich geworden sind, haben sich weltweit verschärft; um die theologische und geistliche Haltung zum Krieg wird teils heftig gerungen, teils wird versucht, um einer kirchlichen Einheit willen das Thema zu meiden. Während in den protestantischen und katholischen Kirchen im deutschsprachigen Raum ein breiter Konsens darüber besteht, den Angriff auf die Ukraine zu verurteilen und Geflüchteten zu helfen, kommt es zu Kontroversen über friedensethische Positionen angesichts der Debatten um die angemessenen Formen der Unterstützung der Ukraine (Diplomatie, Wirtschaftssanktionen, Waffenlieferungen). Von all dem bleiben auch Religionsunterricht und Religionspädagogik nicht unberührt.
In den genannten Feldern – Politik und Gesellschaft, Kirchen und Theologien, Religionsunterricht und Religionspädagogik – lässt sich beobachten, dass der Blick auf Krieg und Frieden geprägt ist von der Spannung, einerseits bisherige Überzeugungen, Deutungen und Strategien auf die gegenwärtige Situation anzuwenden, andererseits aber genau diese Überzeugungen, Deutungen und Strategien im Lichte der gegenwärtigen Situation mehr oder weniger zu revidieren.
Vor diesem Hintergrund werden – auch über den aktuellen Fokus auf die Ukraine hinaus – Beiträge zum weiten Themenfeld von Religionspädagogik und Religionsunterricht angesichts von Krieg und Frieden gesucht, die im besonderen Maße aus spezifischen (regionalen und lokalen, historischen, konfessionellen, biographischen, disziplinären …) Kontexten heraus Anfragen an Theorie und Praxis des Religionsunterrichts formulieren sowie konstruktive neue Denkwege entwickeln. -
Religionspädagogik und Theologie. Sondierungen zu einem komplexen Verhältnis
Bd. 31 Nr. 2 (2023)Religionspädagogik und TheologieSondierungen zu einem komplexen Verhältnis
Die jüngste Ausgabe des Österreichischen Religionspädagogischen Forums (ÖRF 2023/2) widmet sich Fragen wie:
Religionspädagogik – eine theologische oder doch eher eine bildungswissenschaftliche Fachrichtung? Geht es um ‚Religion‘ oder doch primär um ‚Pädagogik‘? Ist Religionspädagogik eine Teildisziplin (konfessioneller) Theologie oder den ‚religious studies‘ zuzuordnen?
Die einzelnen Beiträge aus katholischer, evangelischer, orthodoxer und islamischer Perspektive zeigen, wie inter- und intradiziplinäre Religionspädagogik an den jeweiligen Fakultäten, Instituten und Arbeitsbereichen verankert ist.
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Postkoloniale Perspektiven in der Religionspädagogik
Bd. 31 Nr. 1 (2023)Postkoloniale Perspektiven in der Religionspädagogik
Postkoloniale Studien und Theorien bieten ein Instrumentarium, um machtvolle Wissensbestände und Praktiken zu dekonstruieren, alternative Wissensformen zu reformulieren und widerständige Aushandlungsprozesse zu ermöglichen. Seit etwa zwei Jahrzehnten werden sie in unterschiedlichen theologischen Teildisziplinen rezipiert. In diesem Themenheft wollen wir vor allem die religionspädagogische Rezeption sichtbar machen und erschließen, was postkoloniale Studien und Theorien der Religionspädagogik eintragen können, worin aber auch ihre Grenzen wahrgenommen werden.
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Religiöse Bildung angesichts von Krisensituationen und Krisenerfahrungen
Bd. 30 Nr. 2 (2022)Religiöse Bildung angesichts von Krisensituationen und Krisenerfahrungen
Krisenerfahrungen stellen zum einen eine Konstante jedes menschlichen Lebens und jeder Zeit dar, zum anderen scheinen sie sich in letzter Zeit zu verdichten. Die Religionspädagogik ist entsprechend in den letzten Jahren in mehrfacher Hinsicht zunehmend mit den Auswirkungen multipler Krisen diesseits und jenseits ihrer fachlichen Grenzen konfrontiert. Von den zahlreichen systemischen Krisen innerhalb der kirchlichen und religiösen Institutionen bis hin zu der Wahrnehmung der Welt als einem verwundeten Ort des Zusammenlebens – das Offenbarwerden der krisenhaften Dimension der Gegenwart ist in maßgebende und wichtige Diskurse der religionspädagogischen Landschaft eingerückt und prägt das religionspädagogische Bewusstsein unserer Zeit zunehmend.
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Ethikunterricht und Religionsunterricht
Bd. 30 Nr. 1 (2022)Mit dem Schuljahr 2021/22 wurde in Österreich der Ethikunterricht eingeführt, als Pflichtfach für alle, die nicht den Religionsunterricht besuchen. Dieser Schritt steht am Ende jahrzehntelanger Diskussionen über ein Fach, dessen Status Anton A. Bucher vor wenigen Jahren als „politisch verschleppt – pädagogisch überfällig!“ bezeichnete. Während des Zeitraums dieser Debatten hatten bereits über zweihundert Schulen in Österreich damit begonnen, aus eigener Initiative Ethikunterricht erfolgreich als Schulversuch anzubieten. Erstmals in der Geschichte des österreichischen Bildungswesens wurde nun ein Schulversuch flächendeckend ins reguläre Schulwesen übernommen: Dies betrifft zunächst die Sekundarstufe 2; eine Ausweitung auf die Sekundarstufe 1 und die Primarstufe ist aber mittel- bis langfristig ebenso vorgesehen
Diese Ausgabe des ÖRF befasst sich mit dem Verhältnis von Ethik- und Religionsunterricht und dessen Bedeutung für Religionsunterricht, Religionsdidaktik sowie den Auswirkungen auf die Ausbildung von Religionspädagog*innen wie auch Ethikdidaktiker*innen . Dies umfasst sowohl die Analyse öffentlicher Debatten, empirische Studien und Evaluierungen wie auch didaktische Konzeptionen und Reflexionen.
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Jugendliche Religiosität - Religiosität von Jugendlichen
Bd. 29 Nr. 2 (2021)Wenn ein Kernthema der Religionspädagogik die Beschäftigung „mit der wissenschaftlichen Reflexion und Orientierung religiöser Lernprozesse“ (Bitter/Englert/Nipkow) ist, liegt die Zentralität der Auseinandersetzung mit der Religiosität von Personen – jungen wie alten – für die Religionspädagogik auf der Hand. Die Ausgabe 2/2021 des ÖRF fokussiert nun auf die Religiosität Jugendlicher – ein Thema, das die Religionspädagogik immer wieder neu herausfordert, gelten Jugendliche doch als „Seismographen“ für die je gegenwärtige „Verfassung von Religion“ (Schenker). Dementsprechend hat die – theoretische wie empirische – Forschung zur und die Auseinandersetzung mit der Religiosität von jungen Menschen in der Religionspädagogik inzwischen auch eine lange Tradition und es liegen eine Fülle an diesbezüglichen inhaltlichen Erkenntnissen sowie methodologischen Überlegungen vor. Dennoch sind nach wie vor auch Forschungsdesiderate zu benennen.
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Religionsdidaktik im Kontext von Fachdidaktiken
Bd. 29 Nr. 1 (2021)In den letzten 20 Jahren hat sich das Gespräch zwischen den Fachdidaktiken enorm intensiviert. Dazu haben die Bildung von fachdidaktischen Dachorganisationen wie der GFD in Deutschland, der ÖGFD in Österreich und von KOFADIS in der Schweiz beigetragen, aber auch die zunehmende Kooperation von Fachdidaktiken in diversen Forschungsprojekten. Darüber hinaus unterstützen die Bildung von Zentren für LehrerInnenbildung oder Schools of Education die Verschränkung von Fachdidaktiken, Fachwissenschaften, Bildungswissenschaften und Praxis. Auffallend ist auch, dass sich – u. a. bedingt durch die mangelnde Rezeption jüngerer fachdidaktischer Entwicklungen in der Allgemeinen Didaktik – eine Allgemeine Fachdidaktik etabliert hat (Bayrhuber u. a. 2017; Rothgangel u. a. 2020). Indem die Allgemeine Fachdidaktik einen Vergleich der Fachdidaktiken durchführt, der den Blick zugleich auf Gemeinsamkeiten wie Unterschiede richtet, können wiederum Impulse für das Gespräch innerhalb und zwischen den Fachdidaktiken entstehen.
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Nachhaltiges Lernen
Bd. 28 Nr. 2 (2020)Österreichisches Religionspädagogisches Forum 28 / 2020 / Heft 2
„Nachhaltiges Lernen“
In der Religionspädagogik kommen – einige engagierte Personen und Einzelprojekte ausgenommen – erst langsam systematische Überlegungen zum Umgang mit Umweltkrisen in Schwung. Vielleicht geschieht dies aufgrund der Einsicht, dass Schöpfung und Natur nicht einfach gleichzusetzen sind, oder aufgrund der Sorge, dass entsprechende religionsunterrichtliche Initiativen als religiöse Moralisierung (miss-)verstanden werden können. Gleichwohl rechtfertigt dies nicht die weitgehende Vernachlässigung des Nachhaltigen Lernens in der Religionspädagogik. Das vorliegende Heft will diese Hürden überwinden und einen Diskurs, der in anderen Bereichen bereits intensiv betrieben wird, aufgreifen und unter religionspädagogischer Perspektive weiterführen.
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Religionspädagogik im digitalen Zeitalter
Bd. 28 Nr. 1 (2020)Als im Frühjahr 2019 der Call for Papers für diesen Themenschwerpunkt veröffentlicht wurde, war nicht ansatzweise zu erahnen, wie sehr die Frage der Digitalisierung schulischer Bildung ein Jahr später an Relevanz und Präsenz gewinnen würde. Die Gesellschaften in Europa und weltweit, Ökonomie, Kultur, Familien, Schulen und Bildungssysteme stehen derzeit aufgrund des Corona-Virus‘ in Atemlosigkeit und Unsicherheit. 2020 ist das digitale Zeitalter in der Bildung längst angebrochen, doch im Bereich der Schulen und Hochschulen, in der Ausbildung von Lehrkräften und des Kompetenzaufbaus von SchülerInnen und Studierenden zeigt sich einiger Entwicklungsbedarf. Schlagworte wie Digitalpakt, Open Educational Ressources (OER), Learning Analytics, Inverted Classroom, Virtual Reality spiegeln die unterschiedlichen Ebenen, auf denen der digitale Wandel in Schule und Unterricht, in Prozesse des Lehrens und des Lernens eingreift. Die Religionspädagogik ist als Fachwissenschaft von diesem Wandel unmittelbar herausgefordert. Fachspezifisch eingebettet wird dies in umfassende Diskurse um digital religion, in den größeren Zusammenhang von Religion und Medien, in Fragen der Symbolsprache, religiöser Visualität und Kommunikation, in Lerntheorien und Unterrichtskonzeptionen. Damit einher gehen grundlegende Veränderungen im Selbst- und Menschenbild, sowie in sozialen Praktiken. Auf Social Media-Plattformen begegnen religiöses Influencing ebenso wie religiöse Selbst-Thematisierungen und -Inszenierungen. Worin kann der konkrete Beitrag einer religiösen Bildung liegen, die Menschen heute stark machen will für und in einer Welt, die in zehn, zwanzig, fünfzig Jahren wieder grundlegend anders aussehen wird?
In dieser Ausgabe des ÖRF begegnen hermeneutische und empirische Zugänge ins Feld, Medienkritik, Umgang mit Virtualität und Bildern, Praktiken der Selbstinszenierung in Unterrichtsprojekten und auf Influencing-Plattformen. Neben religionspädagogischer Praxis wird insbesondere die Ausbildung, aber auch die Fort- und Weiterbildung von ReligionslehrerInnen im Bereich digitaler Medien, Praktiken, Kritik und Pluralität thematisiert.
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Religionspädagogik in der frühen Kindheit
Bd. 27 Nr. 2 (2019)Die Frage nach Religion in der frühen Kindheit erfährt gegenwärtig in pädagogischen, medialen und gesellschaftspolitischen Diskursen neue Aufmerksamkeit, was einerseits als Zeichen für eine positive Entwicklung gedeutet werden kann, andererseits einer kritischen Beobachtung und Reflexion seitens der Religionspädagogik bedarf. Die Auseinandersetzungen verlaufen kontrovers: Wurde die Frage nach religiöser Bildung im Österreichischen BildungsRahmenPlan für Elementarpädagogische Bildungseinrichtungen 2009 noch ausgeblendet, so erhielt sie nicht zuletzt durch die Debatte um die sogenannten ‚islamischen Kindergärten’, einen Ethikleitfaden der Stadt Wien sowie in der Diskussion um ein Kopftuchverbot in Kindergärten und einen Wertekatalog als ‚bundesländer-übergreifender und verpflichtender Leitfaden’ in Österreich neue Brisanz. Zugleich wird Religion als Quelle für eine spirituell-religiöse Identitätsentwicklung, als Ressource für Kinder mit Fluchterfahrungen und als Brücke in der Begegnung einander fremder Menschen angesehen. Solche Diskurse greifen auf unterschiedliche Felder frühkindlicher Entwicklung zu, vor allem auf elementarpädagogische Bildungseinrichtungen. Sie lösen zum einen Ängste und Unsicherheiten aus, bringen aber auch ein Bedürfnis nach Orientierung, Bildung und Reflexion der eigenen Praxis hervor. ElementarpädagogInnen sind insbesondere vor die Herausforderung gestellt, wie sie die Vielfalt an Weltanschauungen und religiösen Prägungen, aber auch religiöse Distanzierung in ihrem Berufsalltag vereinen können, der nach wie vor stark vom Ablauf des christlichen Kirchenjahres geprägt ist. Zugleich stehen mediale und gesellschaftspolitische Ansprüche einer Identitätspolitik im Raum, die eine Trennlinie zwischen ‚Wir’ und den ‚Anderen’ forciert. Kein Wunder also, dass dieses Konglomerat eine Vielzahl an Umgangsweisen mit Religion(en) hervorbringt, die einer verstärkten Reflexion und konzeptionellen Bearbeitung bedarf. Dabei ist die frühe Kindheit längst nicht mehr als bloße Adressatin (religions)pädagogischer Überlegungen anzusehen, sondern als eine Quelle für gesellschaftspolitisch relevante Praxis und als eine Fundstelle für theologische Erkenntnis.
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Religionspädagogik und Politik
Bd. 27 Nr. 1 (2019)Das Verhältnis von Religion und Politik ist eine Schlüsselfrage der modernen Staatenkonzeption. In diesem Zusammenhang ist auch das Verhältnis von religiöser Bildung und Politik zu reflektieren: Ein großer Teil der religiösen Bildung im deutschsprachigen Raum ist durch das öffentliche Recht geregelt und damit Teil politischer Prozesse und Entscheidungen, dies betrifft etwa den Religionsunterricht an öffentlichen Schulen, theologische Fakultäten an öffentlichen Universitäten oder die staatliche Anerkennung von privaten religiösen Bildungseinrichtungen. Zuletzt wurde auch eine Tendenz zur Legitimierung der religiösen Bildung an öffentlichen Schulen auf Grund von Überlegungen der Staatsräson sichtbar, wenn etwa Religionsunterricht (allein) mit dem Argument der Fundamentalismusprävention unterstützt wird. Die Diskussion um konfessionelle Kindergärten wirft zudem die Frage auf, in welcher Weise der Staat religiöse Bildungseinrichtungen (öffentliche wie nicht-öffentliche) legitimieren und reglementieren soll. Davon unmittelbar betroffen sind auch Fragen der Religionsfreiheit und der Toleranz. Aber auch Religionsunterricht und religiöse Bildung selbst haben eine immanente politische Aufgabe: Religionen sind Teil der Zivilgesellschaft und nehmen an politischen Diskursen teil. Politische Fragen wie Gerechtigkeit, Armut oder Frieden sind zugleich Anliegen und Fragen der Religionen. Daher stellt sich die Frage, ob und auf welche Weise religiöse Bildung dazu befähigen muss, an diesen zivilgesellschaftlichen Prozessen teilhaben zu können, was zugleich eine Frage der Demokratiebildung ist. Kurz gesagt: Wie politisch muss Religionspädagogik sein, wenn auch die Religionen selbst Teil des öffentlichen politischen Lebens sind? Ebenso ist zu klären, ob in religiösen Bildungsprozessen tages- und parteipolitische Fragen angesprochen werden und ReligionspädagogInnen sich politisch positionieren sollen; dies vor dem Hintergrund der Tatsache, dass Angehörige von Religionen im gesamten politischen Spektrum zu finden sind und sich keineswegs eine Übereinstimmung von Religiosität und einer bestimmten politischen Positionierung ausmachen lässt. Dabei geht es sowohl um eine grundsätzliche, theoretische Positionierung einer wissenschaftlichen Religionspädagogik als auch um konkrete Bildungsprozesse in Schulen, Universitäten und Gemeinden, die auf eine „politisch intendierte Religionspädagogik“ (Rickerts) hinweisen.
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Zukunftsperspektiven für den konfessionellen Religionsunterricht in Österreich
Bd. 26 Nr. 2 (2018)In den letzten Jahren hat die kulturelle und religiöse Vielfalt, besonders in Europa, zugenommen. Dazu haben die Migrations- und Fluchtbewegungen erheblich beigetragen. Dadurch hat sich vieles in der Gesellschaft geändert, insbesondere die Zugänge zu Religion. Neue Spannungen zwischen bestimmten Vorstellungen von Religion und Säkularität entstehen. Die Veränderungen widerspiegeln sich auch im Religionsunterricht. Durch die Zu- bzw. Abnahme von SchülerInnenzahlen ergeben sich neue Realtäten, die durch die gegenwärtigen Konzeptionen von konfessionellem Religionsunterricht nicht genügend berücksichtigt werden, weil diese in einem anderen Kontext entstanden sind. Auf diesem Hintergrund werden Inhalte, Ausrichtungen und gesetzliche Rahmenbedingungen des Religionsunterrichts für die Zukunft immer drängender. Lösungen müssen in Zusammenarbeit mit Religionsgemeinschaften, ReligionspädagogInnen, ReligionslehrerInnen und Schulbehörden gesucht und entwickelt werden.
In diesem Zusammenhang stellen sich folgende Fragen: Welche Herausforderungen zeigen sich für den Religionsunterricht aus dem aktuellen Kontext?
Inwiefern ist der konfessionelle Religionsunterricht in Österreich ein zukunftsfähiges Modell?
Welche rechtlichen Rahmenbedingungen sind für eine innovative Entwicklung erforderlich?
Wie müsste die Konfessionalität angesichts diese Realitäten neu verstanden werden?
Welche zukunftsfähigen Modelle des Religionsunterrichts sind schon entwickelt worden oder in Entwicklung begriffen?
Wie ist das Verhältnis von Konfessionalität und Formen konfessionsübergreifender und interreligiöser Zusammenarbeit im Religionsunterricht zu denken?
Was bedeuten diese Herausforderungen und Fragen für die Ausbildung von ReligionslehrerInnen?