Bd. 28 Nr. 1 (2020): Religionspädagogik im digitalen Zeitalter
Als im Frühjahr 2019 der Call for Papers für diesen Themenschwerpunkt veröffentlicht wurde, war nicht ansatzweise zu erahnen, wie sehr die Frage der Digitalisierung schulischer Bildung ein Jahr später an Relevanz und Präsenz gewinnen würde. Die Gesellschaften in Europa und weltweit, Ökonomie, Kultur, Familien, Schulen und Bildungssysteme stehen derzeit aufgrund des Corona-Virus‘ in Atemlosigkeit und Unsicherheit. 2020 ist das digitale Zeitalter in der Bildung längst angebrochen, doch im Bereich der Schulen und Hochschulen, in der Ausbildung von Lehrkräften und des Kompetenzaufbaus von SchülerInnen und Studierenden zeigt sich einiger Entwicklungsbedarf. Schlagworte wie Digitalpakt, Open Educational Ressources (OER), Learning Analytics, Inverted Classroom, Virtual Reality spiegeln die unterschiedlichen Ebenen, auf denen der digitale Wandel in Schule und Unterricht, in Prozesse des Lehrens und des Lernens eingreift. Die Religionspädagogik ist als Fachwissenschaft von diesem Wandel unmittelbar herausgefordert. Fachspezifisch eingebettet wird dies in umfassende Diskurse um digital religion, in den größeren Zusammenhang von Religion und Medien, in Fragen der Symbolsprache, religiöser Visualität und Kommunikation, in Lerntheorien und Unterrichtskonzeptionen. Damit einher gehen grundlegende Veränderungen im Selbst- und Menschenbild, sowie in sozialen Praktiken. Auf Social Media-Plattformen begegnen religiöses Influencing ebenso wie religiöse Selbst-Thematisierungen und -Inszenierungen. Worin kann der konkrete Beitrag einer religiösen Bildung liegen, die Menschen heute stark machen will für und in einer Welt, die in zehn, zwanzig, fünfzig Jahren wieder grundlegend anders aussehen wird?
In dieser Ausgabe des ÖRF begegnen hermeneutische und empirische Zugänge ins Feld, Medienkritik, Umgang mit Virtualität und Bildern, Praktiken der Selbstinszenierung in Unterrichtsprojekten und auf Influencing-Plattformen. Neben religionspädagogischer Praxis wird insbesondere die Ausbildung, aber auch die Fort- und Weiterbildung von ReligionslehrerInnen im Bereich digitaler Medien, Praktiken, Kritik und Pluralität thematisiert.